“Du kannst alles erschaffen, indem du schreibst”
C.S. Lewis
Dieses Zitat vom Erfinder einer der bekanntesten, einfallsreichsten und schönsten fiktiven Welten, Narnia, fasst es perfekt zusammen. Wer schreibt, dem sind in der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Hallo Welt und herzlich willkommen zum ersten richtigen Post meines Newsletters. Heute wird es persönlich und es dreht sich sehr viel um mich. Beim nächsten Beitrag geht es dann um etwas anderes, versprochen!
Heute will ich von meiner Motivation zum Schreiben erzählen, warum ich mich fast täglich vor den PC setze und mit viel Hirnschmalz Buchstaben und Wörter in lesbarer Form in einem Word-Dokument zusammenschustere, nur um dann die Hälfte wieder zu löschen und von vorne anzufangen. Warum mache ich das eigentlich?
Lange Zeit dachte ich, dass ich kein besonders kreativer Mensch bin. Ich kann nicht malen, nicht singen, habe zwei linke Hände und wer ein Musikinstrument beherrscht, ist für mich eine besondere Art von Magier. Doch Kreativität dreht sich nicht um handwerkliche Fähigkeiten. Diese sind zwar nützlich und wichtig, um die kreativen Funken in Form zu bringen und aus vagen Ideen Kunstwerke zu schaffen. Kreativität aber, ist dieses innere Feuer der Inspiration selbst, das meiner Überzeugung nach jeder Mensch in sich trägt. Manch eines glüht hell und so gut sichtbar wie ein Lagerfeuer in einer mondlosen Nacht. Und jedes Mal, wenn dieses kreative Feuer angeheizt wird, jedes Mal, wenn die Ideen und Inspirationen ausgelebt werden, egal in welcher Art und Weise, wird es größer und brennt kräftiger und heller. Doch wer es nicht benutzt, dessen Feuer verkümmert und wird immer kleiner, bis es kaum noch zu erkennen ist, wie die flackernde Flamme eines fast heruntergebrannten Streichholzes.
Ich dachte, ich sei so ein kleines Streichholz. Ein kleiner, aufgedrehter Junge mit zu viel Fantasie aber zu wenig Talent. Doch je älter ich wurde, desto mehr merkte ich: Mein Feuer wollte nicht klein und verkümmert sein. Es kam immer wieder zum Vorschein, flammte auf, gerade wenn ich dachte, dass kreative Berufe oder Hobbies nichts für mich sind. Die kindliche Begeisterung eines 10-Jährigen, der stolz verkündet, er “schreibe jetzt ein Buch!”, weicht beim Älterwerden schnell der typisch teenagerüblichen “Kein Bock auf Irgendwas”-Phase, um nach dem Abitur wieder voll aufzuflammen, wenn dann zum ersten Mal seit Jahren wieder ein Buch in die Hand genommen wird. Studium, Umzug, neue Freunde, neue Liebe… eine Menge Sachen passieren, gerade im Leben eines jungen Menschen. Dinge, die eine Passion, die man als Kind hatte, schnell in den Hintergrund rücken lassen. Doch dann sieht man etwas Interessantes und hat einen Gedankenblitz. Oder man liest einen kurzen Absatz und wird erinnert an eine alte Idee, aus der “eine schöne Geschichte hätte werden können”. Irgendwann hatte ich wieder so einen Moment. Und dann habe ich mich hingesetzt, mir einen Kugelschreiber geschnappt, auf meinem Notizblock für die Uni eine neue Seite aufgeschlagen und einfach mal angefangen, selbst wieder eine Geschichte zu schreiben.
Geschichten, insbesondere Bücher, waren schon immer meine Inspirationsquelle Nummer Eins. Es gibt kaum ein Buch, bei ich nicht Lust hatte, selbst wieder zum Stift (oder Tastatur) zu greifen, eine eigene Welt zu erschaffen und dort interessante Charaktere spannende Abenteuer erleben zu lassen. Fiktionale Welten treffen bei mir genau den richtigen Nerv, nichts inspiriert mich mehr, als gedanklich durch Mittelerde, Narnia und Westeros zu wandern oder mit dem Millennium Falken die Galaxis zu retten. Und auch jetzt mit fast 30 bleiben Fantasy und Science Fiction Geschichten meine absoluten Lieblingsgenres. Inzwischen lese ich natürlich weit mehr als das. Gerade die Abwechslung von historischen Romanen, Krimis, Thriller und das ein oder andere populärwissenschaftliche Buch haben mich in den letzten Jahren sehr gut unterhalten und inspiriert.
Um zurück zu meiner Metapher zu kommen: Mein kreatives Feuer brannte schon immer hell, jetzt musste ich es nur noch nutzen. Meine ersten Versuche waren erwartungsgemäß katastrophal. Und bisweilen auch entmutigend. Doch niemand hat mir gesagt, dass es einfach sein würde. Nach einiger Zeit lässt auch die Enttäuschung nach und ein neuer Impuls kommt auf, bringt das Feuer der Inspiration wieder zum Brennen und ich beginne ein neues “Projekt”. Und Projekte hatte ich schon immer viele. Ich habe einen ganzen Ordner mit gesammelten Ideen, ersten Textstücken und geplanten Geschichten. Von winzigen Gedankenfünkchen die aus einem Halbsatz bestehen wie “Antike Götter versus Aliens” oder “Afrikanische Union ist Weltmacht, USA ist dritte Welt” bis hin zu detaillierteren Outlines und ersten groben Handlungssträngen für diese Fantasytrilogie oder jene Space Opera. Auch abgebrochene Projekte liegen dort begraben. Ideen, die nach den ersten Ausformulierungen dann doch ziemlich doof klingen oder Geschichten bei denen man inmitten des Schreibens merkt, dass sie einfach nicht funktionieren. Jeder Autor hat wahrscheinlich hunderte von diesen “Projektleichen” herumliegen. Doch auch diese Fehlschläge sind wichtig, um daran zu wachsen und ein besserer Autor zu werden. Ich würde keines meine gescheiterten Projekte missen wollen oder die dafür aufgewendete Zeit als verschwendet bezeichnen.
Ich würde mich selbst als sehr positiven Mensch bezeichnen. Optimistisch, und meist hoffnungsvoll. Und das ist auch gut so, denn Schreiben ist ganz schön harte Arbeit, das werden euch auch die erfahrensten Autoren bestätigen können. Es ist wie Sport, aber der einzige Muskel, der trainiert wird, ist das Gehirn. Und wie jeden anderen Muskel muss dieser regelmäßig, am besten täglich, trainiert werden. Und das schlaucht ziemlich, besonders, wenn ich nach einer längeren Pause wieder mit dem Schreiben beginne und erst wieder meinen Rhythmus finden muss. Bleiben wir doch bei der Analogie mit dem Sport: Denn wie beim Sport höre ich nicht auf, nur weil es anstrengend wird. Ich mache weiter, denn ich habe ein Ziel, eine Leistung, die erbracht werden soll oder einen Wettbewerb, den ich gewinnen will. Also hänge ich mich rein, treibe mich bis zur Erschöpfung und vielleicht noch ein bisschen weiter. Der Muskelkater des Sportlers ist der rauchende Kopf des Autors, könnte man fast sagen. Und genauso wie der Sportler komme ich zur nächsten Trainingseinheit wieder, wohlwissend, dass es anstrengend sein wird, dass es mich Zeit, Energie und vielleicht auch Nerven kostet. Weil ich mein Ziel erreichen will, weil ich gewinnen will oder einfach nur, weil ich besser werden will. Das klingt jetzt alles nach “Leichter gesagt als getan” und so ist es auch. Denn Durchhaltevermögen ist wie beim Sport genauso entscheidend wie die richtige Motivation.
Meine ersten Projekte hatte ich natürlich massiv unterschätzt und lagen weit außerhalb meiner Fähigkeiten (manche sind es wahrscheinlich jetzt noch). Doch ich scheiterte und lernte. Fing mehrere Romane an, brach sie an verschiedenen Stellen (meist noch im ersten Akt) ab und suchte mir etwas Neues. Etwas Neues zu finden, war nie ein Problem. Ideen hatte ich genug. Aber ein Projekt komplett durchzuziehen, DAS war die wirkliche Herausforderung, wie ich schnell feststellte. Also dachte ich kleiner. Keine epischen achtteiligen Sagen mit je 1000 Seiten mehr, sondern ein einzelner Roman in einem Genre, mit dem ich gut vertraut bin. Immer noch zu viel, dachte ich, schließlich fehlt mir ja Erfahrung und mit Anfang/Mitte Zwanzig redete ich mir ein, dass ich ja für einen Autor spät dran sei. Also Kurzgeschichten. Ein überschaubares Projekt mit realistischen Chancen, es zu beenden. Als ich dann noch erfuhr, dass kleinere Verlage Ausschreibungen für Kurzgeschichten veranstalteten, war ich hin und weg. Ich suchte mir einige interessante Ausschreibungen heraus und fing an, Ideen zu sammeln. Keine zwei Monate später hatte ich zwei Geschichten fertig und bei den Verlagen eingereicht (es folgten noch zwei weitere im gleichen Jahr). Und eine der beiden wurde in die Anthologie aufgenommen. Ich war begeistert. Eine eigene Idee, einer meiner kreativen Funken hatte ich zu einem kleinen Stückchen Kunst geformt. Ein kleiner Fetzen mittelmäßiger Unterhaltung in einem Meer aus herausragender Literatur. Nichts Besonderes, aber dafür zu 100% von mir. Ich wäre vor Stolz fast geplatzt.
Ich glaube nicht, dass ich aufgehört hätte zu schreiben, wenn keine Geschichte genommen worden wäre. Aber gerade, dass auch nur eine meiner Kurzgeschichten (im gleichen Jahr wurde sogar noch eine weitere angenommen!) gut genug für eine Veröffentlichung war, beflügelte meine Motivation ungemein. Mein großes Ziel bleibt weiterhin die Veröffentlichung eines kompletten Romans, aber ich setze mir seitdem jedes Jahr zum Ziel, mindestens drei Kurzgeschichten zu schreiben und in Ausschreibungen einzureichen. So komme ich mit verschiedenen Themen in Berührung, probiere mich in unterschiedlichen Genres aus und habe kleine Erfolgserlebnisse, sobald ich eine Geschichte beendet habe. Und die Deadlines geben mir zusätzlichen Druck, damit ich auch wirklich meinen Hintern vor den PC bekomme und schreibe.
Ein Ziel meiner kreativen Arbeit ist es auch, etwas Bleibendes zu erschaffen. Das ist kein besonders origineller Wunsch, ich weiß. Die meisten Menschen hätten gerne etwas geschaffen, dass sie selbst überdauert. Ich weiß auch gar nicht warum das so ist, wahrscheinlich eine Art erweiterter Überlebensinstinkt. Erschaffe etwas Bleibendes, das deinen Nachfahren hilft, um das Leben der Familie oder deines Stammes zu sichern. Eine sehr altruistische Motivation, wobei ich mich nicht als den großen Propheten, der die Menschheit einen Sprung nach vorne machen lässt, sehe. Ich vergleiche das eher mit den Schildern, die häufiger auf öffentlichen Toiletten zu sehen sind: “Hinterlasse alles so, wie du es gerne vorfinden würdest.” Und wenn wir uns alle einig sind, dann dass die Welt immer ein bisschen besser werden kann. Und manchmal reicht es schon, eine fremde Person gut zu unterhalten. Vielleicht mit einer kleinen Geschichte.
Jetzt ist das hier, ohne es zu wollen, eine Mini-Biographie geworden. Naja, ich hatte euch ja gewarnt, dass es viel um mich gehen wird. Doch einen wichtigen Aspekt habe ich bisher noch gar nicht erwähnt. Und auch einer der Hauptgründe, warum ich nicht mit dem Schreiben aufhören kann.
Es macht so unfassbar viel Spaß. Wenn ich richtig im Schreibprozess versinken kann, in den Flow komme und mit mentaler Höchstleistung Neues erschaffe, ist das eines der besten Gefühle, die ich je gespürt habe. Das ist die Art von Denkarbeit, die mich wirklich glücklich macht.
Das klingt erst einmal verrückt, besonders nachdem ich Schreiben eben noch eine anstrengende Arbeit genannt habe. Doch erinnert euch an den Vergleich mit Sport. Rennen ist anstrengend. Gewichte zu heben ist anstrengend. Ein Musikinstrument zu lernen ist anstrengend. Und trotzdem haben Menschen Spaß dabei. Für Menschen, die Fußball nicht mögen, mag es verwunderlich sein, wie zweiundzwanzig Männer oder Frauen über eine Wiese rennen und einen Ball kicken und das mehrmals in der Woche. Doch diese zweiundzwanzig Menschen haben viel Freude dabei und werden wieder ihre Fußballschuhe anziehen. Auch wenn sie das Spiel verloren haben. Sie werden erneut voller Elan über den Platz sprinten, sich völlig verausgaben und danach mit einem Lächeln im Gesicht zur Dusche spazieren.
Dieser Absatz war jetzt ziemlich trivial, aber ich will nicht, dass etwas so Offensichtliches vergessen wird. Und weil es für mich selbst ein unfassbar wichtiger Aspekt ist. Manchmal reicht eine einfache Wahrheit schon aus: Ich habe sehr viel Spaß dabei, aus einem blanken Stück Papier eine spannende Geschichte zu machen. Und ich habe nicht vor, damit aufzuhören. Dafür brennt mein kreatives Feuer noch zu heiß.
Danke fürs Lesen und bis bald,
Marcel
P.S.: Im nächsten Newsletter probiere ich mich mal an einem Essay über ein Thema, das mir schon eine ganze Weile im Kopf herumspukt. Ich freu mich drauf!
Bei mir ist es ganz oft dieser "was wäre wenn" Gedanke, der mich zum Schreiben bringt. Mich in andere Situationen zu denken, in andere Menachen, in andere Spezies, motiviert mich immer wieder. (leider hilft das nicht beim Durchziehen :D dafür war für mich ganz lang der NaNo da)
Es gibt unterschiedliche Kreativität. Die des Künstlers, des Designers ... ... und die des Autoren oder Texter oder whatever. Wichtig ist, dass du sie lebst und nicht damit hinter dem Berg bleibst. 💥